Als unmittelbare Anwohner an den geplanten Kunstrasenplatz und das neue Wohngebiet haben wir im Januar 2011 einen Fragenkatalog an die Stadt Waiblingen gerichtet. Die Fragen wurden in einem Gespräch unter Leitung von Baubürgermeisterin Priebe am 24. Januar beantwortet.
Ein Thema war die lärmtechnische Verträglichkeit des geplanten Kunstrasenplatzes auf dem Gelände der Mineralbrunnen AG. Die Verträglichkeit sei durch ein Gutachten belegt. Das Lärmgutachten haben wir am 14. Februar 2011 per Mail erhalten.
Das Schallgutachten ist aus dem Jahr 2008. Darin werden zwei Standorte (2 und 4) näher untersucht und miteinander verglichen. Neben der Schallemission des geplanten neuen Sportplatzes werden auch die bestehenden Anlagen (Tennis, Rasenplatz, Kleinspielfeld, …) in die Berechnung mit einbezogen.
Zentrale Aussage im Gutachten: Standort 2 ist lärmtechnisch nicht machbar und Standort 4 funktioniert ohne Lärmschutzmaßnahmen.
Bemüht man die eigene Intuition, fragt man sich, wie der weiter entfernte Platz (Standort 2) lauter sein kann, als der näher an der Wohnbebauung gelegene Standort 4. Bei Standort 2 wurde vom Gutachter ausgeführt, wäre entweder eine 10 Meter hohe Lärmwand erforderlich oder der Kunstrasenplatz müsse 155 Meter weit remsaufwärts abgerückt werden. Mit der Intuition ist dies nicht vereinbar, auch nicht mit einem logischen Ansatz, da Standort 4 näher an der Wohnbebauung liegt, als Standort 2.
Wie ist Ihre Einschätzung?
Das Gutachten gliedert sich in einen Texteil und einen Berechnungsteil. Im Textteil werden die Berechnungsergebnisse interpretiert, erläutert und mit den zulässigen Pegeln und Außnahmen der 18. BImSchV verglichen. Am Ende steht eine Bewertung, ob der Platz realisierbar ist oder nicht bzw. unter welchen Auflagen.
Der Berechungsteil besteht aus farblich abgestuften Farbflächen (Rasterlärmkarten), die jeweils einem Lärmpegelbereich entsprechen. Im Gutachten steht die Farbe blau und magenta für zu hohe Pegel. Eine Bewertung auf dieser Basis ist völlig simpel und für Jedermann nachvollziehbar.
Betrachtet man das obige Beispiel, stellt man fest, dass die Farben magenta und blau in allen untersuchten Ereignissen häufig vorkommen. Der Grenzwert in einem „Allgemeinen Wohngebiet“ liegt bei maximal 55 dB(A) außerhalb der Ruhezeit und bei 50 dB(A) in der Ruhezeit.
Magenta und blau kommen bereits beim normalen Training vor und liegen über den zulässigen Grenzwerten – Rasterlärmkarten für die Fälle innerhalb der Ruhezeit fehlen in der Unterlage. Nach der obigen Berechnungslage ist der Bau des neuen Kunstrasenplatzes nicht möglich. Weder beim normalen Training noch beim Spielbetrieb sind die Grenzwerte eingehalten. Es wäre lediglich möglich die Zahl der Trainingseinheiten und Spiele auf die 18 seltenen Ereignisse zu beschränken.
Was soll das jetzt? Ist der Autor dieser Seiten neunmalklug und kennt sich fachfremd besser aus als ein Gutachter?
Die Sache ist so. Man berechnet die Lärmemissionen für unterschiedliche Fälle und lässt die kritischen Fälle in der zusammenfassenden Analyse außen vor. Nach der aufwändigen Berechnungsarbeit fertigt man ein 25-seitiges Schriftstück an und erklärt, dass man für den obigen Standort keinen Lärmschutz benötigt. Dazu bezieht man die Aussagen zu den Emissionen einfach auf Punkte am Haus, die gerade noch in Ordnung sind und hofft, es fällt nicht auf. Wer studiert schon Berechnungsergebnisse und glaubt den Aussagen eines Gutachters im Textteil nicht? Wäre da nicht die Sache mit der Intuition gewesen.
Übrigens ist das Gesetz an dieser Stelle eindeutig. Maßgeblich ist der höchste Lärm und nicht die Fassade, die für die Aussage gerade günstig erscheint.
Wenn Sie bis hierher gefolgt sind, muss man jetzt der Frage nachgehen, ist das Zufall? Kann so etwas passieren? Man hat eben einen schlechten Tag gehabt – Fehler macht schließlich jeder mal.
An dieser Stelle ein klares und eindeutiges NEIN. Wer eine komplexe Berechnung anfertigen kann, eine 25-seitige textliche Analyse anfertigt und dabei mehrfach das Lärmschutzgesetz zitiert und auslegt, der kann und darf nicht daran scheitern, das farblich einfach verständliche Berechnungsergebnis in Form von Rasterlärmkarten nicht zu verstehen. Eine klare Absicht ist zu vermuten.
Am 14. Februrar 2011 wurde uns das Gutachten ausgehändigt – der Hinweis auf offensichtliche Fehler erfolgte noch am gleichen Tag.
Dennoch haben der Gutachter, Oberbürgermeister Hesky und Dezernentin Priebe das Gutachten am 14. März im Rahmen der Bürgerinformation vorgestellt und verteidigt. Kritischen Nachfragen ist man geschickt ausgewichen.
Besser wäre es gewesen, sich mit dem Gutachten und den enthaltenen Fehlern auseinander zu setzen und nach einer gründlichen Überarbeitung die Öffentlichkeit und später die Gremien der Stadt richtig zu informieren.
Bis heute tut man so, als wären sämtliche Einwendungen zum Thema Lärmschutz unbegründet. Alle vorgebrachten Einwendungen zum Lärmschutz werden seitens der Stadtverwaltung zurückgewiesen – vergleichen Sie selbst: Vorlage OR Bei 14/2012.
Wie ist Ihre Einschätzung in dieser Sache?
Fakt ist, das Gutachten musste erheblich nachgebessert werden. Ein massiver Lärmschutzwall entlang der Tennisplätze soll es jetzt richten. Standort 2 wurde wegen der Lärmsituation verworfen. Fakt ist weiterhin, Standort 4 ist näher an der Wohnbebauung als Standort 2, das neue Wohngebiet würde bei einer Realisierung von Standort 2 fast gar nicht tangiert. In der aktuellen Betrachtung hingegen wird es bis an die Grenze des Zulässigen belastet. Nur durch die Ausnahmen mit den seltenen Ergeinissen ist Standort 4, bezogen auf das neue Wohngebiet, möglich.
Herzlichen Glückwunsch künftige Nachbarn!
Bezogen auf das bestehende Wohngebiet gibt es in der überarbeiteten Fassung des Lärmgutachtens noch zahlreiche Punkte, die zu beanstanden sind und beanstandet wurden – diese wurden im Verfahren seitens der Verwaltung als Gegenstandslos zurück gewiesen – so wie beim ersten mal.
Seltsam, man möchte auf Gedeih und Verderb einen weiteren Sportplatz in Beinstein bauen und würde dazu am liebsten die Schutzrechte der Anwohner außer Kraft setzen – normal wirkt es jedenfalls nicht, wenn man sich nicht auf ein fehlerfreies Handeln der Verwaltung und des Gutachters verlassen kann und als Anwohner hart für die Anerkennung selbiger kämpfen muss.
Zwei große Anlagen, Tennis und Rasenplatz sind schon heute zu nah an der Wohnbebauung und belasten die Anwohner – ein weiterer Platz in unmittelbarer Nähe ist dann wohl auch kein Problem?